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Schwarzmalen oder schönfärben?

Brigitte Gross, Hagneck

Unlängst begab ich mich in der Nähe von Täuffelen auf einen entspannenden Spaziergang durch den Wald. Waldbaden nennt sich das heutzutage. Am Waldrand bei einer Verzweigung bleibt mein Blick etwas ratlos an zwei Wanderwegweisern hängen. Vom satten Gelb der Wanderwegweiser ist nichts mehr zu sehen und der schwarze Schriftzug ist hinter einer tiefschwarzen Fläche verschwunden. Ich frage mich etwas konsterniert: Warum nimmt sich jemand die Mühe und sprayt Wanderwegweiser schwarz ein? Wer macht so etwas und warum?

Waren es etwa Jugendliche, die ob all der Schwarzmalerei, die in den Medien zu lesen und im Radio zu hören ist, sich verpflichtet fühlen, die Wegweiser unserer Gesellschaft schwarz zu sprayen? So nach dem Motto: Alle Wege führen direkt ins schwarze Nichts, da braucht es keine Ortsangaben mehr. Orientierungslosigkeit ohne Zeitangabe. Es ist ja eh schon fünf nach zwölf.

Was bedeutet das Wort „Schwarzmalerei“ überhaupt? Im Internet lese ich: Schwarzmalerei ist eine Form der pessimistischen oder negativen Darstellung. Schwarzmalerei drückt aus, dass man alles, was man sieht von seiner schwärzesten Seite aus sieht. Schwarzmalerei übertüncht alles Farbenfrohe.

Obacht! Da muss ich mich selber an der Nase nehmen. Sind doch meine obigen Zeilen ziemlich schwarzgemalt formuliert.
Gut, ich setze mir kurz meine rosarote Brille auf und betreibe nun Schönfärben oder besser gesagt, ich male mir meine Gedankenwelt bunt.

Ich bin nun überzeugt, dass es zwei rüstige Rentner waren. Ein Ehepaar im Partnerlook. Beide in roten Jacken, weissen Sneakers, man will schliesslich mit der Zeit gehen und rot wirkt sportlich-dynamisch. Ich stelle mir vor, wie die Rentnerin ihren Ehemann behände auf ihre Schultern hievt. Das Körpergewicht ihres Mannes ist für ihre Knieprothesen kein Problem. Der Ehemann rückt seine Sulzer-Hüftgelenke zurecht, streckt sich und beginnt die Wegweiser mit farbig bunten Blumen auszuschmücken.

Ja, genau! So ist es gewesen … in meinen Gedanken.

Ich überlasse es Ihnen, ob Sie sich fürs Schwarzmalen entscheiden oder doch lieber zwischendurch in eine bunte Gedankenwelt eintauchen möchten.

Es hat endlich wieder einmal geregnet und ich werde waldbaden gehen. Ich werde die erdige Waldluft tief einatmen und mir die Welt schön und bunt vorstellen.

Liebe Leser und Leserinnen ich wünsche Ihnen einen schönen bunten Herbst!


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