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„Chli go rede im Dorf“

Hansrudolf Weibel, Täuffelen

Es ist Samstag und ich habe eigentlich keinen Plan für heute. Also gehe ich mal an die frische Luft Richtung Dorf. Vielleicht geh ich im Restaurant vorbei und setze mich an den Stammtisch. Es ist ja möglich, dass ein Bekannter bereits dort ist oder noch einer kommt.

Stammtisch? Den gibt es nicht mehr so richtig. Das findet heute virtuell statt. Im Facebook. Dort kann ich alle möglichen Freunde treffen. Mich über dies und das ärgern. Mit der Ärgercommunity chatten.

Ober vielleicht gehe ich beim Bahnhofplatz vorbei. Da kommen und gehen Leute.

Bahnhofplatz? Ja, das ist eher der „park & drive“-Abstellplatz von Pendlern geworden. Und wer Zug fährt hat nicht Zeit „zum rede“.

Der „Einkauf“ ist natürlich die beste Gelegenheit um
„o no chli go rede“. Nur als althergebrachter Macho mache nicht ich den Einkauf. Es ist eine femminile Tätigkeit. Und heute sind die meisten femminilen Wesen auch berufstätig. Also es bleibt ihnen wenig „leere“ Zeit. Ich glaube, meine „sie“ macht den Grosseinkauf jeweils am Mittwoch über die Mittagszeit im grossen Einkaufszentrum; wo sie auch gleich das Auto parkieren kann. Sie findet dort eben auch die Griechischen Joghurts und die vegane Haferflockenmilch; in einer ½-Gallon-Packung aus Scottsbluff, Nebraska (USA). Auch Erdbeeren gibt es jederzeit (für mein Müesli). Man kennt uns dort persönlich. Wir haben eine Karte wo alles aufgeschrieben wird. Durch diese kennen sie uns genau und daher sendet man uns auch immer die neuesten Aktionen auf unsere E-mail-Box. „tailored & personalized“ – wenn sie verstehen, was ich meine!

Nur eben – ich, der Macho – kriege via Einkauf keine Gelegenheit zum „plöiderle“. Was jetzt?

Ein Dorf hat ja meistens einen Platz, wo man sich trifft. Einfach so, weil sich die Gelegenheit bietet.

Der Zentrumsplatz? Was ladet hier ein zum Verweilen und sich treffen? (Antworten können auf der Gemeindeverwaltung deponiert werden …)

Die Sammelstelle auf dem Werkhof? Ja genau. Dort funktioniert, was ich meine. „Chli rede“! Die Dorf-
bewohner gehen als gute Recycler hin. Da das andere zur gleichen Zeit auch tun, ergibt sich die Gelegenheit Leute zu treffen. Einfach so. Ohne einen Termin, ohne eine Verpflichtung.

Der Mensch hat das Bedürfnis „chli go z’rede im Dorf“. „Chli go rede“ ist zufällig und ohne Plan. Ist in unserer Gemeinde der Werkhof echt der bestfunktionierendste Platz dazu? (meine Antwort: Ja – und darum habe ich das Recycling-Haushaltsämtli an mich gerissen …!)


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